Dr. Alexander Seiler hat den nachfolgenden Eigentümern ein Konzessionsabenteuer beschert.
Das Fünfsternhotel Riffelalp Resort hat eine Attraktion: die Riffelalptram. Unter den Fans des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs liegt ihr Kultwert gleichauf mit den Cable Cars in San Francisco. Sie ist die höchstgelegene Tram Europas und durchmisst zehn Höhenmeter auf der kürzesten Tramstrecke der Welt mit 675,31m inklusive Wendeschleife. Die Riffelalptram ist auch zum Betrieb in tiefergelegenen Destinationen wie Basel, Bern, Zürich oder Genf zugelassen - wenn nur die Spurweite von 800mm nicht wäre.
Ihre Eigentümerin, die Riffelalp Resort AG, nahm die Tram am 15. Juni 2001 zur ersten Sommersaison des neu eröffneten Hotels in Betrieb. In Aufbau und Optik ist die Riffelalptram an ihre legendäre Vorgängerin, die Riffelalp-Tramway RiT, angelehnt. Diese brach am 13. Juli 1899 mit einer Geschwindigkeit von 8km/h zu ihrer damals 483,65m langen Jungfernfahrt auf.
Das Verkehrsprojekt im Hochgebirge war ein Geniestreich des Hotelpioniers Dr. Alexander Seiler. Riffelalp-Tramway RiT war nach der Chemin de Fer du Salève bei Genf weltweit die zweite Bergbahn mit elektrischer Traktion. Sie galt schon damals als höchstgelegene Tram Europas.
Wollte Alexander Seiler, Patron der Seiler'schen Hoteldynastie, nach der Gornergratbahn ein weiteres Exempel an Verkehrswunder auf dem Gornergrat statuieren?Unternehmerischer Pioniergeist ist ihm nachzusagen, doch ging es Seiler wohl um den komfortablen und zeitgemässen Transport zwischen seinem „Grandhotel Ryffelalp“ (1884 eröffnet) und dem „Ryffelalp Bahnhof“. Zumindest war ihm an einer Strasse durch den Burgerwald zwischen Hotel und Bahnhof gelegen.
Vor der Inbetriebnahme von Gornergratbahn und Riffelalptram, ab 1878, als die Arbeiten zum Bau des Hotels begannen, waren Maultiere das Verkehrsmittel erster Wahl. Mit einer öffentlichen Tram, für die Seiler beim Bundesrat das Konzessionsgesuch einreichte, musste die Burgergemeinde, der noch heute der Grund und Boden durch den Arvenwald zum Bahnhof Riffelalp gehört, ihre Interessen vor den Interessen der Allgemeinheit zurückstellen und Seiler das Durchgangsrecht zubilligen. Sie hätte sonst vermutlich eine Enteignung riskiert.
Die Tram, die schon zu Belle Époque-Zeiten dazu genutzt wurde, den Gäste-, Gepäck- und Warentransport zu bewerkstelligen, fuhr im Sommer 1960, es war ihre 61. Saison, zum letzten Mal. Im Winter 1961 brannte das Grandhotel Ryffelalp ab. Der Ort verfiel. Die ausgediente Schmalspurbahn liess Familie Seiler, nachdem sie zunächst im Depot untergebracht war, in den 80er Jahren in den Garten des Mont Cervin Palace ins Dorf nach Zermatt transportieren. Sie wurde später entsorgt.
Dr. Alexander Seiler hat den nachfolgenden Riffelalptram-Eigentümern eine Tram und ein Konzessionsabenteuer beschert, das in aller Sorgfalt in die unternehmerischen Abläufe einbezogen werden muss.
Zur Wiederaufnahme des Tram-Betriebes im Jahr 2001 erteilte das Bundesamt für Verkehr nach eingehender Prüfung eine Konzession für den Ganz-Jahres-Betrieb bis zum 31. 12. 2049. 2012 begann das Prozedere um Transportkonzession Nr. 623 "zur regelmässigen gewerbsmässigen Personenbeförderung". Die Fragen zur Sicherheit waren komplex und mussten nachgewiesen werden.
Selbst das Bundesamt für Verkehr hat sich die Frage nach der Verhältnismässigkeit gestellt, besonders nach einer Ortsbegehung. Die behördliche Delegation hätte nach Auskunft von Daniel Lorenz, Verantwortlicher der MGB/GGB für Qualitätsmanagement und Sicherheit, an der Endstation vor dem Hotel gestanden - zwei Minuten, nachdem sie zugestiegen war – sich verwundert umgeschaut und gefragt: „Und wo geht's hier weiter?“
Tram-Tatsachen
1. Die Riffelalptram hat eine Bedeutung, die über ihre Streckenlänge hinausgeht.
2. Ihre Eigentümerin hat dem Bundesamt für Verkehr alles nachgewiesen, was es braucht, um Sicherheitsstandarts auf dem weltweit höchsten Niveau einzuhalten.
3. Die Riffelalptram kann theoretisch auf allen Streckennetzen der Schweiz flott gemacht werden.
4. Die Riffelalptram wird die Riffelalp nie verlassen, denn ihr Transport talwärts und ihre Abwesenheit wäre zum wirtschaftlichen Schaden des Hotels.
5. Die Riffelalptram ist eine Schmalspurbahn und ihre Spurweite von 800mm äusserst exotisch.
6. Die Riffelalptram ist Teil des öffentlichen Nahverkehrs. Jeder kann sie benutzen. Die Fahrt kostet 5 CHF. Für Hotelgäste ist die Fahrt frei.